Volksinitiative für eine sichere Stromversorgung

    Plötzlich reden alle über die drohenden Stromlücken. Die FDP. Die Liberalen Zug lanciert jetzt sogar eine nationale Volksinitiative zur sicheren Stromversorgung. Damit soll garantiert werden, dass die Schweiz bis ins Jahr 2050 eine lastgerechte autarke Elektrizitätsversorgung erhält. Das heisst: Die Versorgungssicherheit muss zu jedem Zeitpunkt gewährleistet sein, unabhängig vom Handel mit dem Ausland.

    (Bilder: pixabay) Die Wasserkraft – hier der Stausee Marmorera – ist zwar der Hauptpfeiler der Schweizer Elektrizitätserzeugung. Doch reicht dies für eine sichere Stromversorgung in der Schweiz?

    Es ist derzeit eines der heissesten politischen Themen in der Schweiz: Werden wir in absehbarer Zeit noch genug Strom haben? Oder drohen Strommangellagen und Blackouts mit schlimmen Schäden am Netz und für die Wirtschaft? Selbst der Bund hat Alarm geschlagen. Einen konkreten Lösungsvorschlag macht jetzt die FDP des Kantons Zug mit einer nationalen Volksinitiative. Die Initiative «JA zur sicheren Stromversorgung» soll den Bund verpflichten, Grundsätze für eine lastgerechte autarke Elektrizitätsversorgung bis 2050 festzulegen. Dazu erlässt der Bund Vorschriften über den Ausbau der Stromnetze und der Produktion von Elektrizität, und er kann gesamthaft oder für einzelne Technologien Zwischenziele festlegen. Der Initiativtext, durch den der Art. 89 («Energiepolitik») der Schweizerischen Bundesverfassung um drei entsprechende Paragrafen erweitert wird, liegt bereits vor. Die Unterschriftensammlung beginnt im Frühjahr 2022 nach Zustimmung der kantonalen Parteiversammlung und in Koordination mit der FDP.Die Liberalen Schweiz.

    Strommangel ist grösstes Sicherheitsrisiko
    Die sogenannte last- oder leistungsgerecht autarke Stromversorgung garantiert, dass die Schweiz zu jedem Zeitpunkt mit der benötigten Elektrizitätsmenge versorgt ist, unabhängig vom Handel mit dem Ausland (Importe und Exporte). Bisher ist die Schweiz weitgehend bilanziell autark, das heisst, der zur Verfügung stehende Strom reicht im Jahresmittel aus. In Zukunft genügt das nicht mehr. Der geplante Ausstieg aus der Kernenergie verändert die Stromverfügbarkeit grundsätzlich. Erschwerend kommt hinzu, dass mittelfristig die Verlässlichkeit der EU als Partner im internationalen Elektrizitätsausgleich in Frage gestellt ist. «Sorgen wir nicht umgehend dafür, dass auch zu Spitzenzeiten, im Winter oder bei internationalen Krisen stets ausreichend Elektrizität vorhanden ist, drohen Strommangellagen, Blackouts, Netzschäden und enorme wirtschaftliche Ausfälle», schreibt die FDP.Die Liberalen Zug in einer Medienmitteilung.

    Der Bund teilt die Befürchtungen. Laut der Nationalen Risikoanalyse Katastrophen und Notlagen Schweiz 2020 des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (BABS) stellt eine schwere Strommangellage das grösste Sicherheitsrisiko für die Schweiz dar, noch vor den sich häufenden Cyber-Attacken (Bericht «Nationale Risikoanalyse Katastrophen und Notlagen Schweiz 2020»). Bei einer Stromunterversorgung von 30 Prozent während mehreren Wintermonaten rechnet das BABS mit Schäden von über 180 Milliarden Franken.

    Massiv höherer Verbrauch wegen Energiewende
    Die Initiative «JA zur sicheren Stromversorgung» steht im Kontext der internationalen Politik und der wirtschaftlich-gesellschaftlichen Entwicklung. Nach dem Abbruch der Verhandlungen über ein Institutionelles Abkommen zwischen der Schweiz und der EU wird es in absehbarer Zeit kein Stromabkommen mit Brüssel geben. Ausserdem werden die Nachbarländer durch den Ausstieg aus der Kern- und der Kohlenenergie weniger Strom exportieren können. Damit erhöht sich der Druck auf die Schweiz, die Versorgungssicherheit selbständig und unabhängig vom Ausland jederzeit zu gewährleisten.

    Die Initiative «JA zur sicheren Stromversorgung» ist bewusst technologieoffen formuliert. Der Bund soll bloss die Versorgungssicherheit gewährleisten.

    Gleichzeitig steigt mit dem Klima- ziel von Netto-Null Treibhausgasemissionen im Jahr 2050 und der Energiewende im gesamteuropäischen Zusammenhang der Strombedarf stark an. Der von der Politik vorgegebene Trend geht klar in Richtung Elektrifizierung. Gemäss den Energieperspektiven 2050+ des Bundesamtes für Energie (BFE) wird der Stromverbrauch der Schweiz von aktuell 66 TWh auf rund 84 TWh im Jahr 2050 zunehmen. Die grössten Treiber des Mehrverbrauchs seien dabei die Elektrofahrzeuge im Strassenverkehr und die Wärmepumpen. Nach Einschätzung der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom), die für die Überwachung der Versorgungssicherheit zuständig ist, wird sich die Situation für die Schweiz besonders im Winterhalbjahr stark zuspitzen.

    Wirtschaftsstandort Schweiz stärken
    Es sei deshalb dringend notwendig, unverzüglich und weitsichtig die richtigen Weichenstellungen für die Zukunft vorzunehmen, schreibt die Zuger FDP. Da eine lastgerecht autarke Elektrizitätsversorgung nicht von heute auf morgen aufgebaut werden könne, setze die Volksinitiative «JA zur sicheren Stromversorgung» zur Erreichung dieses Ziels eine Frist bis 2050.

    Dabei macht der Initiativtext bewusst keine Vorschriften zu bestimmten Technologien. Die Sicherstellung der Stromversorgung der Schweiz müsse technologieoffen erfolgen. Eine permanente Versorgungssicherheit im Elektrizitätsbereich sei ein wesentlicher Standortfaktor für den Wirtschafts- und Industriestandort Schweiz. Die zu erwartende weitere rasante Entwicklung in Richtung Informationsgesellschaft werde den Stromgebrauch zusätzlich ankurbeln.

    Dass der Anstoss zu dieser Volksinitiative aus dem Kanton Zug kommt, ist kein Zufall. Mit seinem hohen Dienstleistungs- und Informatikanteil sowie dem «Crypto Valley» nimmt der Kanton Zug diesbezüglich eine Vorreiterrolle ein. «Mit unserer Volksinitiative ‹JA zur sicheren Stromversorgung› wollen wir einen entscheidenden Beitrag leisten zu einer prosperierenden und nachhaltigen Entwicklung der Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft», sagt Cédric Schmid, der Präsident der FDP.Die Liberalen Zug gegenüber der «Umwelt Zeitung».

    Dr. Philipp Gut

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