Klimaschädliche Klimapolitik

    Wie sauber ist eigentlich die Energiewende? Eine neue internationale Studie liefert erstaunliche Erkenntnisse. Auch in der Schweiz platzt eine energiepolitische Illusion nach der anderen.

    Das Thema «Klima» dominiert die nationale und die internationale Politik. Die oft illusionäre Aufbruchsstimmung der letzten Jahre ist inzwischen aber der Ernüchterung gewichen. Am G7-Treffen der mächtigsten Industriestaaten Ende Juni ist jüngst offensichtlich geworden, dass die ehrgeizigen Klimaziele kaum erreicht werden können. Die Energiekrise verschärft sich durch den Ukraine-Kriege. Auch in der Schweiz zeichnet sich ab, dass die Energiestrategie 2050 scheitern wird. Der Bund rechnet bereits in den kommenden Wintern mit einer Strommangellage. Damit drohen in unserer hochindustrialisierten und wohlhabenden Schweiz die Lichter auszugehen. Die Folgen eines Blackouts für unsere Wirtschaft und Gesellschaft wären verheerend. Im digitalen Zeitalter ist ein Strommangel noch viel gravierender geworden.

    Ohne Öl geht es nicht
    Die Lage ist derart ernst, dass SP-Bundesrätin und Energieministerin Simonetta Sommaruga den Bau neuer Gaskraftwerke verkünden musste, um die drohenden Stromlücken – vielleicht – schliessen zu können. Das wurde allgemein als Eingeständnis des Scheiterns der Energiewende verstanden, die mit dem Versprechen einherging, künftig mit erneuerbaren Energien wie Solar- und Windkraft auszukommen, neben der in der Schweiz traditionell starken Wasserkraft. Die Kernkraftwerke sollen laut der Energiestrategie vom Netz gehen.

    Doch nun kommt für Klimaministerin Sommaruga der nächste Hammer: Ihr eigenes Bundesamt für Energie (BFE) schreibt in einem internen Papier, dass das geplante «Notreservekraftwerk» sogar mit Öl betrieben werden könnte, wie der Nebelspalter enthüllte. Wörtlich heisst es in dem Schreiben des BFE: «Es ist durchaus denkbar, dass die Teilanlagen des Kraftwerks alternativ mit Erdgas oder Heizöl extra Leicht (HEL) betrieben werden.» Und dies an bis zu 100 Tagen im Jahr. Damit platzt eine weitere energie- und klimapolitische Illusion.

    Erneuerbare stossen viel CO2 aus
    Während die Schweiz in der Not auf Öl zurück greifen will, setzt der grosse Nachbar Deutschland vermehrt auf Kohle. Das ist das pure Gegenteil dessen, was die Politiker hier wie dort mit der Energiewende versprochen haben. Die Klimapolitik ist gehörig ins Stocken geraten.

    Doch nicht nur das: Eine neue Studie unter der Leitung von Helmut Haberl, Professor am Wiener Institut für Soziale Ökologie, die im Fachmagazin «Journal of Cleaner Production» veröffentlicht wurde, zeigt weitere Schattenseiten der Energiewende auf. Die Autoren haben den Ressourcenverschleiss der Energiewende und dessen Folgen untersucht. Denn gerade Wind- und Solarkraft sind sehr materialintensiv, dies etwa im Gegensatz zur Kernenergie, die mit vergleichsweise wenig Material auskommt. Die Forscher um Professor Haberl haben nun ausgerechnet, wie viele Ressourcen benötigt werden, um das Klimaziel von 1.5 Grad plus bis 2050 zu erreichen.

    Ihr Befund: Es braucht 10 Prozent der weltweiten Eisenproduktion, 20 Prozent der Aluminiumproduktion und 30 Prozent der globalen Kupferproduktion. Das sind gigantische Mengen. Und bei ihrer Herstellung werden grosse Mengen an Klimagasen ausgestossen. Wie die Studienautoren berechnet haben, wird so ein ganzes Zehntel des CO2-Budgets im Jahr 2050 durch den Ressourcenverbrauch für eine erneuerbare Energie aufgefressen. Zugespitzt formuliert: Die Klimawende ist selbst klimaschädlich.

    Halten wir uns an die Realität
    Natürlich heisst das nicht, dass wir alle klimapolitischen Anstrengungen fahren lassen sollen. Aber wenn wir in den letzten Jahren und Monaten etwas gelernt haben, dann dies: Eine auf ideologischen Vorgaben und illusionären Annahmen gegründete Energie- und Klimapolitik ist zum Scheitern verurteilt. Wir müssen uns an die Realitäten halten. Jeder Energieträger hat Vor- und Nachteile, die es mit nüchternem Blick zu analysieren gilt. Die Traumschlösser fallen in sich zusammen. Als liberaler Politiker gilt für mich auch in energiepolitischen Fragen: Staatseingriffe sind möglichst zu vermeiden, die Märkte sollen spielen. Wir brauchen eine bezahlbare und vor allem sichere Stromversorgung. Blackouts können wir uns schlicht nicht leisten.

    Ihre Meinung zu diesem Thema interessiert uns. Über ein Mail würde ich mich freuen: schoop@umweltzeitung.ch

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