Editorial von Dr. Philipp Gut

    (Bild: zVg)

    Liebe Leserin, lieber Leser

    Als liberale Plattform für Umwelt und Nachhaltigkeit sind wir überzeugt, dass wissenschaftliche und technologische Innovation die Treiber sind für eine nachhaltige Entwicklung. Wir freuen uns deshalb sehr, Ihnen in dieser Ausgabe ein exklusives Gespräch mit Evelyne Pflugi und Tobias Reichmuth zu präsentieren, die diesen Gedanken erfolgreich in der Finanzwelt verwirklicht haben. Mit «The Singularity Group» haben sie einen Anlagefonds geschaffen, der ausschliesslich in innovative Firmen investiert. Was dies mit Nachhaltigkeit zu tun hat, formuliert Tobias Reichmuth so: «Wenn Sie Nachhaltigkeit erzielen wollen, kommen Sie nicht darum herum, grosse Probleme zu lösen. Zum Beispiel den Klimawandel oder die Tatsache, dass die Menschen in der Sahara bald kein Wasser mehr haben und Hunger leiden werden. Wie lösen Sie diese Probleme? Durch Innovation.» Nachhaltigkeit sei auf technologischen Fortschritt angewiesen: «Wir glauben, dass Innovationen etwas Gutes sind, dass wir damit die wichtigsten Probleme unserer Zeit lösen können. Im Bereich Erneuerbare Energie kenne ich mich ja gut aus. Da kam jemand ums Jahr 2000 und sagte: ‹Solarzellen gibt es seit den 60ern. Wie wäre es denn, wenn wir sie in grossen Mengen produzieren würden – mit neuen Materialien und höherem Wirkungsgrad?› In diesem Sinne suchen wir Problemlöser, in die wir dann investieren. So befeuern wir als Investor automatisch die Nachhaltigkeit.» Evelyne Pflugi, CEO von The Singularity Group, bringt deshalb einen bedenkenswerten Vorschlag in die Diskussion um nachhaltige Finanzprodukte ein: «Die bekannte ESG-Kriterien – Umwelt, Soziales, gute Unternehmensführung – müssten um einen I-Score für Innovation erweitert werden. Nur ein innovatives Unternehmen kann selber nachhaltig sein.»

    Um neue Technologien und ihre Chancen und Risiken geht es auch im Gastbeitrag von FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Er äussert sich kritisch zum eben erst verlängerten Gentech-Moratorium in der Schweiz und wirft der Politik vor, wissenschaftliche Erkenntnisse zu negieren: «In einer aufgeklärten, liberalen und wissenschaftlich gut aufgestellten Gesellschaft wie der Schweiz ist eine Koexistenz von konventionellen Pflanzen und GV-Pflanzen ohne Probleme realisierbar.» Es gebe nichts Innovationsfeindlicheres und Hilfloseres als Technologieverbote und Moratorien. Die Politik tue gut daran, wie die Bevölkerung die Chancen der neuen gentechnischen Verfahren zu erkennen und die Wissenschafts-Ignoranz aufzugeben. Denn glücklicherweise sei die Schweizer Bevölkerung offener als die Politik: Eine jüngst erschienene Befragung zeige, dass 80 Prozent es sinnvoll finden, Kulturpflanzen gegen konkrete Pflanzenkrankheiten resistent zu machen.

    Sie alle kennen als Konsumentinnen oder Konsumenten die Knospe von Bio Suisse, das Gütesigel für biologisch produzierte Lebensmittel. Sie steht symbolisch für das Gleichgewicht zwischen Mensch, Tier und Natur. Unsere Redaktorin Corinne Remund hat mit Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli gesprochen – über das gegenseitige Vertrauen zwischen Produzenten und Konsumenten, die Sicherung der Biodiversität, bewussten Konsum sowie verantwortungsvolles Einkaufen.

    Zum Schluss noch ein Veranstaltungshinweis, den Sie am besten gleich in Ihre Agenda eintragen: Die «Umwelt Zeitung» präsentiert als Medienpartner des Nuklearforums Schweiz im Rahmen des Forums-Treffs am 6. Oktober in Zürich ein Referat von Dr. Anna Veronika Wendland zum Thema: «Die Klimakrise und die Zukunft der Industriegesellschaft – Brauchen wir eine neue Debatte über die Kernenergie?» Die Details finden Sie auf www.nuklearforum.ch.
    Dr. Wendland ist Historikerin und eine der besten Kennerinnen der Kernkrafttechnik und ihrer Geschichte. Sie gehört unter anderem dem Expertengremium an, das in der Bundesrepublik Deutschland Standorte für ein Endlager sucht. Die Diskussion darüber, wie wir nachhaltig unseren steigenden Strombedarf im Zeichen der Energiewende decken, wird auch in der Schweiz rasant an Dringlichkeit gewinnen.

    Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und einen farbenfrohen Herbst mit viel Naturgenuss!

    Dr. Philipp Gut, Verleger

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